Änderungen im Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG)

Das Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz (PUEG) tritt in vielen Bereichen erst ab 2024 in Kraft. Einige Änderungen, z.B. hinsichtlich des Begutachtungsverfahrens durch den Medizinischen Dienst sieht das Gesetz jedoch bereits in diesem Jahr vor. Wesentliche Neuerungen stellen wir hier zusammen.

Seit dem 01. Juli 2023 gilt für das Verfahren der Feststellung der Pflegebedürftigkeit:

Nach § 142a SGB XI dürfen Pflegebegutachtungen regulär per strukturiertem Telefoninterview durchgeführt werden. Es gibt Ausnahmen, in denen ein persönlicher Termin in der Häuslichkeit vorzunehmen ist, wenn

  • es sich um eine erstmalige Untersuchung des Antragstellers handelt, in der geprüft wird, ob die Voraussetzungen der Pflegebedürftigkeit erfüllt sind und welcher Pflegegrad vorliegt,
  • es sich um eine Untersuchung aufgrund eines Widerspruchs gegen eine Entscheidung der Pflegekasse zum festgestellten Pflegegrad handelt,
  • es sich um eine Prüfung der Pflegebedürftigkeit von Kindern, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, handelt,
  • die der Begutachtung unmittelbar vorangegangene Begutachtung das Ergebnis enthält, dass Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 Absatz 1 nicht vorliegt,
  • das vorherige Gutachten nach Hausbesuch bei antragstellenden Personen, die in der häuslichen Umgebung versorgt werden, älter als 36 Monate ist oder
  • diese Begutachtungsart aus fachlicher Sicht nicht geeignet ist oder eine dafür erforderliche Unterstützungsperson nicht anwesend ist.

Außerdem muss eine persönliche Begutachtung in Fällen durchgeführt werden, in denen zwar eine Pflegebegutachtung per strukturiertem Telefoninterview möglich wäre, die antragstellende Person dies aber ablehnt. Antragsteller:innen müssen über diese Wahlmöglichkeit vom Medizinischen Dienst informiert werden.

Die aktualisierten Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem SGB XI finden Sie hier.

Außerdem ab 01. Juli 2023 geltend:

  • Per Videokonferenz durchgeführte Beratungen nach § 7a SGB XI müssen die technischen Anforderungen für Videosprechstunden erfüllen, die im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung gelten. Für digitale Angebote und andere digitale Anwendungen ist die Richtlinie des Spitzenverbandes Bund der Pflegekassen für den Datenschutz und die Datensicherheit (§17 Abs. 1a SGB XI) zu berücksichtigen.
  • Die Kommunen erhalten ein dauerhaftes Initiativrecht zur Einrichtung von Pflegestützpunkten zur Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen. Das heißt, dass die für die Hilfe zur Pflege zuständigen Träger der Sozialhilfe nach dem SGB XII sowie die nach Landesrecht zu bestimmenden Stellen der Altenhilfe nun dauerhaft aufgrund landesrechtlicher Vorschriften von den Pflegekassen und Krankenkassen den Abschluss einer Vereinbarung zur Einrichtung von Pflegestützpunkten verlangen können. Die Frist 31.12.2023 in § 7c Abs. 1a SGB XI ist gestrichen.

Änderungen durch das PUEG, die zum 01.10.2023 in Kraft treten:

Zum 01. Oktober 2023 sieht das PUEG eine Neustrukturierung des Verfahrens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit (aus § 18 SGB XI werden §§ 18 bis 18c SGB XI) vor. Dies betrifft insbesondere die verkürzten Fristen bei der Ermittlung eines Pflegegrades:

Über einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherungen müssen die Pflegekassen innerhalb festgelegter Fristen entscheiden. Werden diese Fristen überschritten, muss die Pflegekasse dem Versicherten 70 Euro für jede Woche der Fristüberschreitung zahlen.

In einigen Situationen ist die Bearbeitungsfrist kürzer als im Normalfall (25 Arbeitstage), z.B. wenn die antragstellende Person in einem Hospiz oder ambulant palliativ versorgt wird. Ebenso wenn die Person sich im Krankenhaus oder in einer Rehabilitationseinrichtung befindet und

  • eine Begutachtung in der Einrichtung zur Sicherstellung der Weiterversorgung erforderlich,
  • die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz gegenüber dem Arbeitgeber der pflegenden Person angekündigt oder
  • mit dem Arbeitgeber der pflegenden Person eine Familienpflegezeit nach § 2 Absatz 1 des Familienpflegezeitgesetzes vereinbart ist.

In diesen Fällen muss die Begutachtung bislang innerhalb einer verkürzten Frist von einer Woche nach Antragstellung erfolgen. Ab dem 01.10.2023 gilt nun eine Frist von fünf Arbeitstagen. Wenn die antragstellende Person häuslich (aber nicht palliativ) versorgt wird und die pflegende Person gegenüber ihrem Arbeitgeber die Inanspruchnahme von Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz angekündigt oder mit diesem eine Familienpflegezeit vereinbart hat, gilt bislang eine Begutachtungsfrist von zwei Wochen. Diese beträgt seit dem 01.10.2023 10 Arbeitstage.

Die o.g. Zahlungspflicht bei Überschreiten von Fristen entfällt, wenn die Pflegekasse für eine Fristüberschreitung nicht verantwortlich ist, z.B. weil ein Begutachtungstermin von der antragstellenden Personen wegen eines Krankenhausaufenthalts abgesagt wird. Fraglich war bislang, was in solchen Situationen mit der ursprünglichen Frist passiert. Nun ist neu geregelt, dass die Fristen mit Beendigung der Unterbrechung weiterlaufen. Also: Die Frist beginnt mit Antragstellung und wird z.B. durch den Krankenhausaufenthalt gestoppt. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus läuft die ursprüngliche Frist weiter und wird daher durch die Verzögerung nur unterbrochen.

Erfolgt die Begutachtung innerhalb einer der o. g. verkürzten Fristen und die antragstellende Person nimmt im Anschluss an die stationäre Behandlung/Rehabilitation Kurzzeitpflege in Anspruch, erfolgt die abschließende Begutachtung in der Kurzzeitpflegeeinrichtung spätestens am 10. Arbeitstag nach Beginn der Kurzzeitpflege.

Das Pflegeunterstützungs- und – entlastungsgesetz im Wortlaut sowie Fragen und Antworten zum Gesetz finden Sie hier.

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