Biografie, Identität & Pflege

Mode ist ein Ausdruck von Selbständigkeit und Identität. Die Wahl des Kleidungsstücks, die Farbe und Musterung sowie Accessoires sind eine individuelle Entscheidung. Mode ist damit viel mehr als praktisch, sie ist ein Mittel der Kommunikation, eine nonverbale Erzählung. Kleidung ist nicht nur funktional, sondern kann auch die eigene Identität formen und vermitteln.

Doch was passiert, wenn sich körperliche Fähigkeiten (im Alter) langsam verlieren und was bedeutet das für den modischen Ausdruck der eigenen Person? Vergeht dieses Bedürfnis im Alter, muss es den Pflegeabläufen geschuldet aufgegeben werden oder bietet Mode einen Ausgangspunkt für biografisches Arbeiten?

Am 30.08.2023 fand die Wiederholung des Fachtags „Was ziehe ich an, damit man mich erkennen kann – Biografie, Identität, Pflege“ in Herne statt. Bereits im vergangenen Jahr drehte sich in den Räumlichkeiten des Heimatmuseums Unser Fritz alles um die Bedeutung von Kleidung im pflegerischen Kontext – aufgrund des großen Interesses gab es nun die Neuauflage.

Mit zunehmendem Alter oder einer Pflegebedürftigkeit geht häufig ein Verlust von motorischen Fähigkeiten einher, die für das selbstständige An- und Auskleiden wichtig sind. Aber auch die Auswahl der Kleidungsstücke ist ein Ausdruck von Selbstständigkeit und Selbstbestimmung.

Wie ergeht es Menschen und ihren Angehörigen in Pflegeeinrichtungen, wenn ein Elternteil ein Leben lang bestimmte Kleidung getragen oder einen bestimmten Stil gelebt hat, und dies plötzlich der praktischen Jogginghose weichen muss?

Neben dem Fachpublikum aus den Bereichen Beratung, Pflege und Betreuung, nahm diesmal auch ein Kurs einer Pflegeschule teil.
Suna Özdemir (Soziologin, Universität Bielefeld) hielt einen spannenden und aufschlussreichen Vortrag über die Bedeutung von Kleidung und Mode für die eigene Persönlichkeit und die Gesellschaft.
In der anschließenden Podiumsdiskussion berichteten Diana Koberg (Tagespflege Koberg Bochum) und Silke Mattelé (Bildungswerk e.V. Herne) aus der Praxis. Dies wurde mit zahlreichen Beiträgen aus dem Publikum ergänzt.
Zum Abschluss war ein Museumsbesuch möglich sowie ein gemütlicher Ausklang mit „Currywurst anne Bude“.

Die Veranstaltung machte noch einmal deutlich, dass Kleidung ein wichtiger Ausdruck von Identität und der persönlichen Biografie ist, der in dem Pflege- und Betreuungsalltag noch nicht die nötige Beachtung findet. Sowohl die Expert*innen aus den pflegerischen Bereichen, als auch die angehenden Pflegefachkräfte wollen die Bedeutung von Kleidung bei ihrer zukünftigen Arbeit noch stärker mitdenken und sich untereinander vernetzen.

Aufgrund des großen Interesses an der Veranstaltung und dem begrenzten Platz vor Ort wurde die Veranstaltung auch erstmals als Livestream übertragen. Die Aufzeichnung können Sie hier auf unserem YouTube-Kanal ansehen (die fehlerhafte Tonüberschneidung am Anfang enden ab Minute 4:40).

Diesen Inhalt teilen: